Klaus Johann Grobe / Tiflis Transit

Nov 12 Tuesday 19.00 Allgemein

KONZERT

Sechs Jahre sind seit ihrem letzten Longplayer „Du bist so symmetrisch“ vergangen und seitdem haben sie einen langen Weg hinter sich. „Io tu il loro“ wurde in zwei Wochen in einer Hütte am Ende eines abgelegenen Schweizer Tals geschrieben.

Ziemlich genau Am gleichen Ort hat Klaus Johann Grobe 2014 die gesamte LP „Im Sinne der Zeit“ geschrieben. Was als wieder Musik machen begann, wurde schnell zu einer Platte. Einmal beschlossen, war das Ganze schnell fertig und wurde Ende 2022 in David Langhards Dala Studio aufgenommen.

„Io tu il loro“ ist eine Platte, die nicht durch endloses Herumspielen mit hunderten von Ideen und Sounds entstehen konnte. Alles, was es brauchte, war eine echte Pause (Dani und Sevi arbeiteten nicht an irgendwelchen Grobe-bezogenen Sachen, bis sie sich in den Bergen im Jahr 2022 trafen).

Es ist ein Album mit einer verschwommenen Vision und weichen Grenzen. Man spürt irgendwie, dass sie auf ihre gesamte Arbeit zurückblicken und dann zu dem übergehen, was sich richtig anfühlt. Hier sind wir also mit neun Tracks voller umarmender Wärme, so melancholisch einladend, dass man nicht weiß, ob man lächeln oder weinen soll.

Manche mögen es zeitlos nennen, manche mögen es Dad-Rock nennen… nun, es ist sicherlich keine Disco für die Massen, es ist mehr wie: „Wenn ich mich nach vier Bier nicht zum Tanzen zwingen kann, kann ich genauso gut nach Hause gehen.“

Also, keine Disco? Keine synkopischen Synthies? Kein Deutsch? Kein Reverb? Wo ist der Grobe den wir kennen? Kommt vorbei und erkennt, dass Klaus Johann Grobe nicht ganz weg sind, sondern vielleicht nur mal abgebogen!

*Support: Tiflis Transit

Pressetext: Tiflis Transit – „A Thought Is Not A Feeling“ 

Tiflis Transit sind eine dieser Bands, auf die man warten muss. Warten auf die nächste Single, warten auf das erste Album, warten auf die erste eigene Tour und dabei immer: warten auf den nächsten großen Wurf; ein bisschen wie das Leben also. Als sie 2018 mit ihrer ersten Single „May“ starteten, war kaum irgendein Weg vorgezeichnet. Angefangen als Nebenprojekt der umtriebigen Köpfe Fabian Till und Birk Buttchereyt, wurde schnell klar: Hier entsteht etwas ganz Besonderes, zusammengefügt aus Versatzstücken von Soul, Psychedelik, Jazz-Einflüssen und Indie-Vergangenheit.

Kein Wunder, dass besagter Song „May“ seither über 3 Millionen Streams auf Streamingplattformen gesammelt hat, das Stück „Mosaic“ prominent in einer Netflix-Serie platziert werden konnte und sich ein illustrer Kreis aus Kolleginnen & Kollegen ebenfalls fragt: aha? Seit den ersten Songs 2018 also warten die Hörer*innen auf den ersten Langspieler, bekamen stattdessen zwei mickrige EPs innerhalb von 5 Jahren und wurden beim Warten auf die erste Tour von der Pandemie überrascht. Nachdem die erste Tour dann mit mehreren ausverkauften Konzerten gespielt werden konnte, erschien nun am 12. April auch das Debütalbum von Tiflis Transit.  
„A Thought Is Not A Feeling“ heißt es und enthüllt: Das Warten bei Tiflis Transit ist Konzept.  

„Langsamkeit schreibe ich mir zur Freude meines Labels ja schon lange gern auf die Fahne“ sagt Fabian Till und erklärt: „Wir könnten bestimmt schneller sein, aber als ich letztens darüber nachdachte, ob das gut wäre, kam ich zu dem Schluss, dass NEIN. Wenn Songs unter den zeitlichen, finanziellen und sozialen Bedingungen, unter denen wir sie schreiben, komponieren, arrangieren, aufnehmen, usw. richtig gut werden sollen, dann braucht das diese Zeit.“  Und wie sich das gelohnt hat! Song um Song entblättert sich hier eine kapriziöse musikalische Indie-Qualität.  

Den Auftakt von „A Thought Is Not A Feeling“ macht „A.M“ mit einem wuchtigen Hut, unter dem Tiflis Transit eine etwas dröge Funk-Gitarre, pritzelnde Orgel-Einwürfe, zackige Drums, gospelige Chöre und durchaus angestaubte Glitzersynthiesalven vereinen. Heraus kommt der nächste Hit der Bandgeschichte – mitreißend und erstaunlich. Es folgt mit „Two Out“ das – laut eigener Aussage – „Gesellenstück“ der Band. Obwohl es klingt als wäre jedes noch so fein gesetzte Beckenstreicheln, jede behutsam hinzugefügte Klangfarbe, jeder ziselierte Ton mithilfe von Samthandschuhen und unter größter Besonnenheit an seinen oder ihren Platz gelangt, fehlt es dem Stück weder an Emotion, noch Zugänglichkeit. Alles wirkt grotesk klar und vorherbestimmt. 

An dritter Stelle steht „The Fencer“, so etwas wie die textliche Umsetzung von „Das verrückte Labyrinth“ als Fiebertraum; in einem musikalischen Gewand, das zu gleichen Teilen unwiderstehlich groovy, eingängig und dennoch psychedelisch, zeitweise fast proggy und überraschend daherkommt. 
Mit „Misunderstadings / Consolations“ mischt sich ein bisschen staksiger Bossa unter die übrigen Albumsongs und erzählt uns Geschichten über weirde Situationen auf der Straße, Missverständnissen und den Bemühungen diese aufzuklären. 

Anders als der Titel vermuten lässt, hat das nachfolgende „Flat“ nichts mit flach zu schaffen, außer vielleicht mit dem weiten Blick über die innere Prärie, der und die sich beim Zuhören auftut. Der Song sucht dieses schale Gefühl einer seltsamen, nicht unbedingt körperlichen Umarmung zu ergründen und trifft dabei wie so oft bei Tiflis Transit jeden Ton. 
Auch eine weitere, pessimistischere Note darf auf dem Album nicht fehlen und so widmet sich „Things That Don‘t Work In RL“ etwas zu sehr dem Einknicken vor der Weltlage und mag nicht daran glauben, dass die wahrhaftige Essenz von Veränderungen und deren Bedeutung von einer zur nächsten Generation weitergegeben werden kann. 

An siebter Stelle steht das klassische „Interlude“ ohne jeden Sinn und Zweck, außer jenem, der im Wort begründet liegt. Wer genau hinhört, könnte allerdings doch eines Besseren belehrt werden. Nebenbei: Tiflis Transit dürften gerne auch mal eine eigene Sammlung solcher Interludes veröffentlichen, vor allem wenn danach dann ein etwas obskur-narrativ dahernickender Slacker-Hit wie „The Braker“ folgt. Passend zum Groove stellt sich der Song die folgenden Fragen: auf der Arbeit schonmal an jeder Ecke einem Chauvi begegnet? Nein? Dann diskutier doch mal mit Dir selbst und ihm und Deinen Freundinnen. 
Zum Abschluss von „A Thought Is Not A Feeling“ präsentieren Tiflis Transit einen Song wie ein ASMR-Video: „Overstretch“. So jedenfalls kommt einem der Song vor, wenn man ihn zum ersten Mal mit voller Konzentration hört. In jede sensorische Ritze, die nicht vor dem sonischen Honig gefeit ist, ergießt sich im Gleitflug das, was Tiflis Transit gerne als „Zelt“ bezeichnen; eine psychedelisch auskomponierte Spielart von musikgewordener Landschaftsmalerei. 

Zeit ist also ohne Zweifel ein Hauptstichwort für dieses Debüt von Tiflis Transit, welches zum ersten Mal in der Geschichte des Projekts komplett als Co-Produktion zwischen Fabian Till und Birk Buttchereyt entstanden ist. Und es will – außer dem Warten ein Ende zu bereiten – wieder einmal Vieles gleichzeitig; diesem Drängen in verschiedene Richtungen im Spannungsfeld zwischen individuellem und globalem Kontrollverlust konnte mit etwas Glück musikalisch Einhalt geboten werden, was nicht über den zerrenden Prozess der Namensfindung hinwegtäuschen soll. Das triviale „A Thought Is Not A Feeling“ ist ein Versuch dieses Spannungsfeld auszusprechen: ohne Feuer keine Revolution, ohne Grübeln keine Traurigkeit?, oder eben und wohl viel eher was komplett Unphilosophisches; eine Vergewisserung.  

Komplettiert wird das musikalische Team durch zahlreiche Musiker*innen und ihre lange Liste an Instrumenten: Klavier, Gitarre, Bass, Drums, Percussion, diverse Synthesizer, Trompete, Posaune, Flügelhorn, Alt- und Tenorsaxophon, Klarinette, Bassklarinette und Flöte. Anschließend hat sich der mittlerweile Grammy-nominierte Mischer Samur Khouja (u.a. Cate Le Bon, Midnight Sister) aus Los Angeles um die klangliche Feinarbeit gekümmert, um auch in dieser Hinsicht alle musikalischen Möglichkeiten mit Bedacht ausreizen zu können. Gemastert wurde in Seatle, WA, USA von Rachel Field bei Resonant Mastering. Das konzeptuell und langfristig angelegte Artwork wurde von der Fotografin Thi Thuy Nhi Tran (Fotos, Fotogramme, Design) und der Gestalterin Setenay Bursali (Layout, Design, Satz), beide Berlin, in engmaschiger und sensitiver Kleinstzusammenarbeit umgesetzt. 

So schließt sich nun der Kreis, begonnen im Februar 2021 mit ersten Songskizzen, die dann spätestens auf der ersten Band-Tour im Frühjahr 2023 auf der Bühne als Songs zur Welt kamen. Zurück im Studio ließen Fabian Till & Birk Buttchereyt dann Musiknerdträume wahr werden und öffneten sich stilistisch Türen zu einer großen Spielwiese.  
Auf dieser Spielwiese sitzt man auch als Zuhörer*in die streng abgezählten 33 Album-Minuten und kann jeden einzelnen Ton kaum abwarten – so schön kann Warten sein.  

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12.11.2024 

Einlass 19:00 // Beginn 20:00 

VVK 22 € zzgl. Gebühren // AK 27 € // ermäßigte AK 22 € 

Ermäßigung gilt für: Studierende, Auszubildende, Schwerbehinderte (die eingetragene Begleitperson hat freien Eintritt), Rentner:innen, Helfer:innen des Freiwilligen Sozialen Jahres sowie Teilnehmer:innen des Freiwilligen Ökologischen Jahres 

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